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Klimaschutz bei OTTO: „Eine zweite Erde gibt es nicht“
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Klimaschutz bei OTTO: „Eine zweite Erde gibt es nicht“

OTTO-Chef Marc Opelt im Gespräch zur Bedeutung von Nachhaltigkeit

Autor Ingo Bertram Lesedauer: 4 Minuten
OTTO verstärkt mit einer neuen Nachhaltigkeitsstrategie den Ressourcenschutz – mit klaren Zielen und Vorgaben unter anderem zu Verpackungen und Klimaschutz. Warum nachhaltiges Wirtschaften längst alternativ los ist, weiß Marc Opelt, Vorsitzender des OTTO-Bereichsvorstands

Moin Marc, OTTO hat sich eine neue Nachhaltigkeitsstrategie verpasst. Was ist daran neu?

MARC OPELT: Dass sie konsequenter und handfester ist als es jemals eine Nachhaltigkeitsstrategie bei OTTO zuvor war. Wir verankern das Thema Nachhaltigkeit noch tiefer in allen unseren Geschäftsprojekten und benennen auch klare Handlungsfelder, in denen wir tätig werden wollen.

Welche sind das?

Klimaschutz und Verpackung zum Beispiel, aber wir betrachten auch die Lieferkette sowie natürlich unsere Produkte und die dort verwendeten Materialien. Darunter fällt dann zum Beispiel FSC-zertifiziertes Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft oder auch Baumwolle, die über Cotton Made in Africa zertifiziert ist. Wir decken mit der neuen Strategie sowie den daraus abgeleiteten Maßnahmen und Zielen alle für uns relevanten Geschäftsbereiche ab.

Das gab es vorher nicht?

Doch, aber jetzt verankern wir Nachhaltigkeit eben noch sehr viel stärker in unserer Geschäftsstrategie. Aktiv im Klima- und Umweltschutz sind wir seit Jahrzehnten. Bei Verpackungen etwa sind Kartonagen aus FSC-zertifizierter Pappe seit Jahren Standard, unsere Versandtüten stellen wir aktuell auf „wildes Plastik“ um. Wir fördern Klimaschutzprojekte, fordern eine möglichst klimafreundliche Logistik und schließen Produkte wie Tropenhölzer oder Pelz konsequent vom Verkauf aus. Um nur ein paar Beispiele zu nennen. Nachhaltigkeit spielt bei uns seit Langem eine wichtige Rolle. Der große Unterschied ist, dass wir uns nun in allen sechs Handlungsfelder sehr ambitionierte Ziele setzen. Und das bereits für die nahe Zukunft, nicht erst für 2040.

Wie sehen diese Ziele aus?

Sehr unterschiedlich. Auf unserem Marktplatz auf otto.de etwa werden wir die sozialen und ökologischen Standards unserer Partner bis 2025 schrittweise weiter erhöhen. Unsere Eigen- und Lizenzmarken wollen wir im selben Zeitraum komplett auf nachhaltige Produkte umstellen – und unsere Versandverpackungen wiederum sollen in drei Jahren entweder recycelte, biologisch abbaubare oder mehrwegfähige Alternativen sein.

Die Kauflust der Deutschen ist aktuell auf einem Tiefpunkt, und mehr Nachhaltigkeit kostet oft auch mehr Geld. Wie realistisch ist es, diese Ziele zu erreichen?

Absolut realistisch, auch wenn es in einigen Handlungsfelder großer Anstrengung bedarf. Das gilt zum Beispiel für die Lieferkette und den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft. Da brauchen wir sicherlich länger als in anderen Bereichen.

Kannst du das konkretisierten?

Nehmen wir des Beispiel Kreislaufwirtschaft: Wir wollen langfristig das Leben unserer Artikel und der hierfür verwendeten Rohstoffe verlängern. Dafür setzen wir einerseits auf Altbekanntes, etwa Reparaturservices. Das allein aber reicht nicht, um wirklich etwas zu verändern. Textilien beispielsweise müssen vollständig kreislauffähig werden, um wirklich nachhaltig zu sein Das klingt einfach, aber der Teufel steckt im Detail. Weil wir komplette Designprozesse völlig neu denken und Kollektionen von Beginn an so planen müssen, dass am Ende des Lebenszyklus möglichst viel Material weiterverwertet werden kann. Einen ersten Schritt sind wir mit unserer ersten „Circular Collection“ gegangen.

Aber der Weg ist noch weit?

Sicher, weil wir nicht mal eben von heute auf morgen komplette etablierte Design- und Produktionsprozesse umreißen können. Das braucht Zeit, kostet Geld und benötigt auch Know-how. Übrigens nicht nur bei uns, sondern auch in den Sortier- und Recyclingbetrieben, die technisch gesehen heute längst noch nicht alle in der Lage sind, ein hochwertiges Faser-zu-Faser-Recycling sicherzustellen. Das aber braucht es, wenn wir wirklich in Kreisläufen arbeiten wollen. Und das müssen wir, denn die Ressourcen unserer Erde sind knapper denn je.

Dann ist Konsumverzicht doch die beste Lösung.

In der Theorie mag das stimmen. In der Praxis aber funktioniert es nicht, weil Menschen nun mal immer konsumieren – auch in Krisenzeiten. Konsum zu verteufeln ist keine Lösung. Viel wichtiger ist es, dass wir Konsum klug mit Nachhaltigkeit verknüpfen und den ökologischen Fußabdruck des Konsumierens verringern. Wir sind dafür bereit.

Wie soll das ausgerechnet im Onlinehandel gelingen? Wer CO2-Emissionen sparen will, kann auch ins Geschäft um die Ecke gehen.

Jeder Einkauf emittiert CO2, egal ob er im Netz oder im Laden stattfindet. Deshalb mag ich auch dieses Schubladendenken nicht. Für mich stellt sich vielmehr die Frage: Wie kann der Handel an sich nachhaltiger werden, unabhängig vom Verkaufskanal? Das ist es, worauf es ankommt.

Und wie lautet die Antwort darauf?

Wir müssen den Handel ganzheitlich anders und nachhaltiger denken: von der Produktion über den Transport bis hin zur Frage was passiert, wenn ein Artikel nicht mehr benötigt wird. Schritt für Schritt aber ist so eine Veränderung absolut machbar. Eine andere Wahl haben wir ohnehin nicht.

Inwiefern?

Nachhaltigkeit ist für mich kein nettes Extra. Sie ist überlebenswichtig und muss daher folgerichtig auch die Basis unseres Wirtschaftens sein. Eine zweite Erde gibt es nicht.

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