Das stimmt – lässt sich quasi direkt mit einem Schneeflug ausbremsen, das Thema. Abschnallen – aus, Ende, vorbei. Skiurlaub geht nicht mehr. So wie Pelz, Schildkrötensuppe oder Krokotäschchen. Es ist rum! Aber gut, vielleicht habe ich mich selbst ja in Klischees verheddert? Und zu schön wäre, wenn es nicht so wäre. Wenn vielleicht eine vertretbare Abfahrt schon erfunden wurde? Denn Skifahren war vor langer Zeit, im letzten Jahrhundert war das, mal meine Lieblingssportart –nicht Langlauf, sondern Alpin. Die echte Sauerei, wenn schon denn schon.
Nur hat damals kaum jemand so gedacht. Snobbig war´s fürs manche, klar, aber es waren bis in die 90er noch genug Ökos auf den Pisten, die im Norweger-Pulli und Cordhose abfuhren, statt im neongelben Overall… Halt Naturverbundene.
Und die Natur da oben ist … nein, da reicht kein lässiger Superlativ. Sie ist wundervoll, bezaubernd, vielleicht sogar atemberaubend: Kilometerweit nur die weißen Spitzen der Massive. Und wenn die Sonne kracht, glitzert diese bizarre Wüste vor dem schönsten Knallblau aller Knallblaus. Dazu Schluchten und schneebedeckte Tannen unter einem und wenn du später mitten durch sie abfährst, dann gleitest du durch einen Märchenwald. Wirklich! Oder der Neuschnee… Wenn einem der Himmel dieses herrliche Pulver vor die Füße streut und … ein Wunder! Buttrig schwingen die Bretter drüber, fast wie Schweben fühlt sich das an.

Aber genug der nostalgischen Schwärmerei, jetzt mal harschig werden. Harschig ist am Tag geschmolzener Schnee, der nachts anfriert. Er kratzt dann unter den Brettern. Harschig ist auch der Schnee, den nicht der Himmel schenkt, sondern die Schneekanonen auf die Pisten ballern. Krrrrratzkratz. Dass sich das nicht schön anfühlt, ist das geringste Übel.
Die Liste aller Übel lautet so:
Platz eins für besagte Schneekanonen, die dank Klimawandel immer mehr gebraucht werden. Sie verbrauchen so viel Wasser, dass extra Speicherseen in der Nähe der Pisten angelegt werden mussten. Einige Flüsse der Alpen führen deshalb schon 70 Prozent weniger Wasser als vor der Kanonenzeit. Für nur einen Hektar Kunstschnee wird jährlich etwa eine Million Liter Wasser verbraucht. Das entspricht dem Bedarf von: Hamburg! Schneekanonen machen nachts so einen Krach, dass die Bergtiere keine Ruhe mehr haben und manche dort nicht mehr leben können – Schnee- und Auerhühner etwa. Und Schneekanonen brauchen Strom, Strom, Strom. Der künstliche Schnee ist außerdem dichter als natürlicher, lässt kaum Sauerstoff durch und die Grasnarbe darunter – also die Almwiese – verkümmert. Und obendrein bestreuen die Kanonen Pisten, für die im Laufe der letzten Jahrzehnte zahlreiche Bergwälder abgeholzt wurden – und Abholzen ist natürlich auch schlecht für die Tiere und schlecht für den Berg und schlecht für das Klima.
Wir sind jetzt übrigens nicht mal bei der Hälfte aller Übel. Kurz noch den Strom der Lifte überdenken. Oder die Planierraupen, die alles Leben darunter wegplätten. Und die Autolawinen, die sich in die Berge schieben. Plus das ganze Gefutter, das auf den Berg rauf muss. Denn der anspruchsvolle Ignorant trinkt über den Wolken gern einen Cremant zum
Geschnetzelten. Oder Bier zu den Pommes. Am liebsten unterm warmen Heizpilz in der herrrrrlichen Natur. Auch das Equipment ist nicht gerade bio – Functionwear und Plastikbretter.

Nur ein halbes Desaster
Skifahren ist ein Öko-Desaster. Wer es dennoch tut, ist, ja, ein Ignorant. Man kann höchstens ein klein bisschen weniger schlimm Skifahren, nur ein Desasterchen verursachen. Das ginge dann so: Mit der Bahn anreisen. Im Winter – nicht zur österlichen Schneeschmelze. Und zwar in Skigebiete, die alternativen Strom erzeugen und keine Schneekanonen verwenden – man findet sie unter „Alpine Pearls“. Und: Selber ne Stulle einpacken. Gut ist das nicht, aber besser.
Ich bin wahrlich niemand, der ständig mault, dass früher sogar die Zukunft besser war. Doch wer sich so verlaufen hat wie der alpine Skizirkus, muss zurück: kürzere Saisons, weniger Pisten, weniger Lifte, weniger Halligalli. Wenn es endlich soweit ist, schwebe auch ich wieder vom Himmel in die Märchenwälder. Aber alle Suche nach „nachhaltigem Skifahren“ führt
argumentativ bisher noch in den Abgrund und nicht auf den Berg.
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