Tssss, totaler Blödsinn! Gut, stimmt natürlich: Ein Biobaumwoll-Shirt kostet mehr als 4,99 Euro, der Rhabarberleder-Sneaker steht selten als Schnapper im Regal. Was aber ist „fair Fashion“? Ist ja relativ, geschmäcklerisch, letztlich ohne Gütesiegel. Fair, weil bio? Fair, weil hier genäht? Fair, weil ohne Tiere? Ich sag mal so: Kleidung, die keine Flüsse vergiftet, keine Menschen. Die die Menschen, die sie tragen, nicht mit Weichmachern weich macht. Von Volljährigen entworfen, genäht und verkauft. In stabilen Häusern. Tiere wurden nicht lebendig gehäutet. Und: Fair Fashion verplempert keine Ressourcen –hektisch zusammengeratterte Jeans, nach drei Mal tragen hinüber, all das Wasser und die Mühe und dann dieser Schrott.
Viel zu schnelle Trends
Mode kann übrigens auch optisch unfair sein. Gar nicht sooo lustig gemeint: Ein Shirt mit einer glitzrigen Prinzessin-Elsa will die Schwester zwei Jahre später never-ever tragen. Ganz heile, aber ganz daneben. Out und vorbei. Oder: der ockergelbe Schal. Gerade noch Musthave, It-Farbe, wenig später: Ocker?! Neee! Bloß weg. Shirt und Schal (womöglich ein veganer Bio-Schal!) werden zu Müll, landen in der Altkleidersammlung und, kurz mal reinsteigern: Geraten gar auf den afrikanischen Kontinent, zerstören dort das eigene Textilgewerbe und, hoppla, so wird das harmlose Teilchen zu einer der „Fluchtursachen in Herkunftsländern“. Und jetzt mal den Taschenrechner zücken: Lässt sich ein T-Shirtpreis auf Flüchtlingskosten umrechnen? Hmmm, ist das ein Dreisatz? Oder wie genau lautet die Formel für unfair?

Mehr Zeit durch Fair Fashion
Fair Fashion ist meist schlicht den Preis wert – preiswert, nicht teuer. Man kann nur nicht so viel davon kaufen; nicht alle acht Wochen Ocker gegen Limette tauschen. Oder weit gegen eng. Röhre gegen Baggy. Wer sich fair kleidet, hat also auch mehr Zeit. Zeit ist ja Geld, sagt man. Auch das lässt sich schwer verformeln, zahlt sich aber aus. Nur wie jetzt konkret das Haus verlassen? Die Rettung ist natürlich: ein Mischmasch. Gebrauchtes, Konservatives, und eine Note 2017 dazu. Also ein urbanes Label-Teilchen– vegan, mit Moos gefärbt, geupcycelt, supersocial – ja, etwas teurer. Dazu langlebige, ebenfalls teure Klassiker. Doch der Preis amortisiert sich – mein Dufflecoat hält vermutlich ja länger als ich. Und eben unbedingt noch: Gebrauchtes. Kurioses. Schätze von Ebay-Kleinanzeigen, vom Flohmarkt. Getauschtes von Freunden, die gelangweilt sind vom eigenen Schrank, dünner oder dicker wurden. Hüte von Opa, Omas Gürtel. Kosten: Null bis zehn Euro. Noch Gutes, aber Outes bitte für Jahre verstecken, auf das Comeback wetten und dann den Ockerschal rauskramen.
Reduziert den Kostenschnitt immens. Das ganze Konzept ist wahnsinnig simpel und clever: Mehr Zeit, wenig Geld. Mehr Stil, wenig Stress. Mehr Moral, wenig Langeweile. Sogar mehr Spaß kann es bedeuten.

Ich weiß das alles, weil ich den Mantel eines Detektivs trage: Vor fünfzehn Jahren habe ich ihn in London auf einem Flohmarkt gekauft. Einen Trenchcoat, einen echten Burberry – für 40 Pfund. Doppelt fair- gebraucht-klassisch. Er ist mal mehr in, mal weniger. Optisch haltbar eben. Sogar eine hübsche Geschichte bekam ich umsonst dazu: In die Innentasche des Mantels hat mein Vorbesitzer einen Gag eingenäht, ein kleines Namensschild: „HOLMES“.
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