Klischee: „Nachhaltigkeit? Das bringt doch eh alles nichts“
Och, da hatte aber jemand ’nen doppelten Depresso am Morgen, wa? Oder ist es gar das tägliche Mantra? Bloß nix versuchen, bringt doch eh alles nichts. Warum überhaupt was lernen, wo man eh in Rente geht? Warum überhaupt aufstehen, wo man abends doch eh wieder ins Bett geht? Warum waschen, wenn man wieder stinkt? Warum leben, wenn das Leben doch endlich ist? Oder wie!?
Was für ein bequembescheuerter Schwachsinn! Dagegen hilft nur eins: unbequemer Scharfsinn.

Faire Baumwolle etwa schafft weniger giftige und mehr soziale Arbeitsplätze. Wollen wir beispielsweise mal die 695 000 Bauern und ihre Familien fragen, die von dem nachhaltigen Baumwolllabel „CMIA“ (Cotton made in Africa) profitieren, regelmäßige Einkommen haben und Schutzmasken tragen: „Bringt das eh alles nichts?“ Oder die, die jetzt einen Brunnen und Trinkwasser haben? Bringt nix? Oder lieber die fragen, die noch nicht von nachhaltigen Projekten und Konsumenten profitieren: „Hey, ist ja echt doof mit den Giftstoffen in Ihrer Lunge, der verätzten Haut und so, aber ich persönlich denke ja: Das bringt doch eh alles nichts.“
Könnte man jetzt unendlich weiter führen – Klimaflüchtlinge fragen, ob es Klimagesetze braucht oder kambodschanische Fabrikarbeiterinnen, ob ihre Work-Life-Balance stimmt? Und so weiter –, aber dann fange ich an zu heulen.

Auch wenig bringt viel
Natürlich ist es deprimierend, zu sehen, wo überall noch so gar nichts passiert. Und ja, vielleicht bringt manches sogar auch nichts. Bloß Tropfen auf heiße Steine. Aber vieles hat schon viel gebracht. Und sehr viel mehr wird noch viel mehr bringen müssen. Mehr Brunnen! Mehr Betriebsräte! Mehr Bäume! Mehr Bewusstsein! Wir brauchen: Regen auf heiße Steine, statt schulterzuckend den Tropfen beim Verdunsten zuzuschauen.
Und klar: Das geht nicht schnell genug. Alles wird schneller, hektischer, rasant, nur bei der Weltrettung bummelt sich der Mensch einen ab. Die US-Regierung nimmt sich sogar mal ein Sabbatical vom Klimaabkommen.
Aber: Wer bedacht und fair konsumiert, der bringt etwas. Wer Projekte zeitlich oder finanziell unterstützt, bringt etwas. Wer Gedanken und Wissen teilt, bringt etwas. Sogar der, der nichts tut – nicht shoppt, nicht das Licht anmacht, nicht googelt, nicht Auto fährt – trägt etwas bei. Nichtstun ist nämlich ziemlich nachhaltig. Vielleicht ist das ja sogar die Antwort für den depressiven Fatalisten: Doch, doch, du kannst sofort etwas tun, das sehr viel bringt: Nämlich nichts. Dafür von ganzem Herzen: Danke!
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