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Künstliche Intelligenz bei OTTO – schon heute in sämtlichen Geschäftsprozessen
Technologie

Künstliche Intelligenz bei OTTO – schon heute in sämtlichen Geschäftsprozessen

Autor Roman Oncsak
Mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Entwicklung von KI-Produkten, über 100 Expert*innen, die täglich an ihnen arbeiten, und rund 50 KI-Anwendungen im Dauerbetrieb: Als größter deutscher Onlineshop setzt OTTO Künstliche Intelligenz in einer Vielzahl seiner Geschäftsprozesse ein.

Spätestens seit dem Siegeszug von ChatGPT und Co. ist Künstliche Intelligenz (KI) allgegenwärtig. Bei OTTO ist sie jedoch bereits seit mehr als einer Dekade im Einsatz. Die Technologie findet sich heute in nahezu sämtlichen Wertströmen des Unternehmens. Diese reichen von der Lagerhaltung hin zur Kund*innen-Erfahrung. OTTO CIO Dr. Michael Müller-Wünsch geht davon aus, dass 2030 bis zu 50 Prozent der TECH-Landschaft des E-Commerce-Unternehmens durch KI-Architektur-Elemente geprägt sein werden.

KI in den Geschäftsprozessen

KI-gestützte Absatz- und Retourenprognosen

Insbesondere im eigenen Handelsgeschäft ist eine vorausschauende Planung entscheidend. Deswegen trifft OTTO KI-gestützte Absatzprognosen, um vorherzusagen, welche Artikel wann im Lager eintreffen, mit welchem Absatz zu welchem Zeitpunkt zu rechnen ist und wie viele Artikel retourniert werden. Diese Informationen nutzt das Unternehmen dann beispielsweise, um Beschaffungsmengen im Einkauf zu bestimmen und die Lagerlogistik zu optimieren. Auch der Vertrieb kann basierend auf diesen Erkenntnissen Verkaufsaktionen planen, um in nachfragestarken Zeiten mit dem richtigen Angebot aufzuwarten. Jeden Monat nimmt die KI dafür 7,5 Milliarden Einzelprognosen vor.

Bilderkennung durch Künstliche Intelligenz

OTTO möchte seinen Kund*innen die beste Einkaufserfahrung bieten. Das umfasst auch, das stetig wachsende Angebot auf der Plattform zu kuratieren und zu überprüfen – auch mit Blick auf die Unternehmenswerte und Compliance-Richtlinien. Dabei hilft eine KI, die per Image Recognition alle relevanten Informationen aus den Artikelbildern der Partner sammelt und auswertet. So wird verhindert, dass unerwünschte Artikel auf der Plattform angeboten werden. Die KI filtert beispielsweise verfassungswidrige Symbole oder Nacktheit heraus und gibt OTTO die Möglichkeit, diese Inhalte umgehend von der Plattform zu entfernen. Auch für die Auswertung von Produkttexten setzt das Unternehmen KI ein, um unangebrachte Inhalte zu erfassen und schnell zu entfernen.

Künstliche Intelligenz findet sich bei OTTO in nahezu sämtlichen Wertströmen

KI in der Kund*innenerfahrung

Die intelligente Suche

Häufig beginnt die Einkaufserfahrung der User*innen mit einer spezifischen Suchanfrage auf der Plattform. Die Suchergebnisse werden KI-gestützt ausgespielt: Die semantische Search-Engine auf otto.de und in der OTTO-App „versteht“, was die Nutzer*innen wollen. Sie erkennt die Bedeutung hinter einem Suchwort, kann aber auch synonyme Begriffe und Rechtschreibfehler einordnen. Die Suche lernt aus dem User-Verhalten – wenn eine Kundin beispielsweise „Jogging-Schuhe“ eingibt, weiß die Search Engine, dass Menschen, die auch „Running Schuhe“, „Laufschuhe“, „Sportschuhe“ etc. gesucht haben, ein bestimmtes Produkt kauften. Diesen Artikel spielt die Suche entsprechend mit aus. Die Klickraten auf „ähnliche Artikel“ haben sich dadurch um bis zu 50 Prozent erhöht.

KI zur Personalisierung der User Experience

Bewegen sich die Kund*innen öfter auf der Plattform, ‚lernt‘ eine KI ihre Präferenzen und kann so die User-Experience durch passgenaue Produktvorschläge personalisieren.

Mehr Durchblick bei Kund*innenbewertungen

OTTO nutzt KI, um Kund*innen einen besseren Überblick bei Produktbewertungen zu bieten: Ein Algorithmus erkennt in den Kund*innenrezensionen auf der Plattform automatisiert die am häufigsten genannten Aspekte, identifiziert die Tonalität und sortiert die Aussagen. Die Kund*innen können die Rezensionen nun anhand spezifischer Schlagworte filtern und sich gezielt bestimmte Kriterien anzeigen lassen – beispielsweise Angaben dazu, ob ein Kleidungsstück eher groß oder klein ausfällt oder wie die Bildqualität und Bedienbarkeit eines TV-Geräts ist.

Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) bei OTTO

Die konzerneigene generative KI

Innerhalb der Otto Group unterstützt eine konzerneigene generative KI im Alltag die Mitarbeitenden: Das ogGPT funktioniert wie das Modell von OpenAI und reagiert auf textbasierte Prompts zur Text- und Bilderstellung. Das Tool ist für alle Mitarbeitenden zugänglich. Im Durchschnitt verarbeitet die KI täglich über 3.000 Anfragen und generiert bis zu 1.700 Bilder.

Der intelligente KI-Assistent im Pilotversuch

Im Rahmen eines Pilotversuchs hat OTTO im Sommer 2023 den Einsatz eines KI-Assistenten an 180.000 Produkten getestet: Kund*innen konnten auf otto.de und in der OTTO App ihre produktspezifische Frage in einer Chatleiste eingeben. Anschließend haben sie innerhalb von Sekunden eine Antwort erhalten, die auf vorhandenen Artikelbewertungen, der Produktbeschreibung und dem Produkttitel basierte. Der Test war erfolgreich, denn Kund*innen haben nachweislich noch schneller zum passenden Produkt gefunden. Die Erkenntnisse dieses Pilotversuchs lassen die Teams in die Weiterentwicklung der OTTO-eigenen KI-Produkte einfließen.

Generative KI in der Programmierung

Bei OTTO wird mit KI programmiert. Durch den Einsatz von Copilots konnten die Entwickler-Teams massive Effizienzgewinne erzielen. Das hilft ihnen dabei, schneller MVPs (Minimum Viable Products) auf den Weg zu bringen und neue Lösungen direkt im Einsatz zu testen. Für OTTO bietet das einen enormen Mehrwert im Rahmen der anhaltenden Transformation zur Plattform.

KI im Customer Support

OTTO prüft derzeit den Einsatz generativer KI als assistierende Lösung für die Agent*innen in seinen Kundenzentren. Die Idee ist, dass die KI den Mitarbeitenden im Dialog mit den Kund*innen passende und weiterführende Antworten vorschlägt, wenn es beispielsweise um spezifische Produktfragestellungen geht. So können sie auch bei der exponentiell angestiegenen Produktauswahl im Marktplatzgeschäft zu jeder Zeit beratend zur Seite stehen. OTTO plant in diesem Jahr ein erstes MVP mit einem Teilsortiment, um das Vorgehen gemeinsam mit den Callcenter-Agent*innen zu testen.

Chatbot beantwortet einfache Anfragen

Um die eigenen Callcenter-Agent*innen zu entlasten, beantwortet der OTTO Chatbot Clara bereits seit einigen Jahren einfache und wiederkehrende Kund*innenanfragen. Die Agent*innen haben so Zeit, sich komplexeren Anliegen zu widmen. Generative KI bietet hier jedoch ganz neue Möglichkeiten. Deshalb wollen die Entwickler*innen diese Technologie in diesem Jahr in den Chatbot integrieren, um noch passendere und menschlichere Dialoge möglich zu machen. Das Ziel: Kund*innen auch bei einfachen Anfragen noch nahbarer und effizienter weiterzuhelfen.

Generative KI zur Content-Produktion

Das wachsende Marktplatzgeschäft stellt exponentiell höhere Ansprüche an die Content-Produktion: Jeder Artikel benötigt einen informativen Produkttext, der Kund*innen bei der Kaufentscheidung hilft. Generative KI unterstützt die Content-Teams bei OTTO, indem sie automatisiert Produktbeschreibungen erstellt. So erhalten Kund*innen über das gesamte Produktsortiment hinweg ein gutes Informationsangebot.

GenAI bei OTTO – wohin geht die Reise?

Der Einsatz von GenAI in der Content-Produktion könnte prospektiv weiter wachsen. OTTO experimentiert hier bereits in mehreren Anwendungsbereichen. Durch die schnelle Bildgenerierung ließen sich beispielsweise auf einfache Art A-B-Tests mit verschiedenen Produktabbildungen durchführen, ohne dass diese aufwändig produziert werden müssten. So könnten die Teams schnell testen, ob beispielsweise ein Sofa sich eher verkauft, wenn es in einem Loft oder in einem 1-Zimmer-Appartment gezeigt wird. Für Plattformen ergeben sich so niedrigschwellige Möglichkeiten, ihre Conversion zu steigern. Gleichzeitig ließe sich zukünftig auch die Kund*innenerfahrung noch stärker personalisieren, indem User wählen können, in welchem Setting sie einen Artikel präsentiert bekommen möchten.
Potenziell könnten den Nutzer*innen auch passgenaue Bild- und Textinhalte auf Basis ihrer Daten und ihres Nutzer‘innenverhaltens ausgespielt werden. Das könnte so weit gehen, dass die KI hier beispielsweise Farbpräferenzen mit einbezieht oder die Kund*innen automatisch in ihrer Muttersprache anspricht.

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