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Hybride Arbeit in der Softwareentwicklung: Das Gute beider Welten vereinen
Technologie

Hybride Arbeit in der Softwareentwicklung: Das Gute beider Welten vereinen

Präsenztage versus Arbeiten von zu Hause: Wie die Kombination aus beidem eine Effizienzsteigerung in der Softwareentwicklung mit sich bringen kann

Lesedauer: 4 Minuten
Weniger Anfahrtszeit, weniger Abhängigkeiten, aber erhöhte Effizienz durch mobiles Arbeiten? Mit dieser These hat sich eine Gruppe von Studierenden der Hochschule Hannover im Auftrag von OTTO beschäftigt und während der Corona-Pandemie Entwickler*innenteams aus unserem E-Commerce-Bereich begleitet. Wir teilen mit euch die Ergebnisse des Forschungsprojektes:

Die wesentliche Erkenntnis vorweg: Durch das Arbeiten im Mobile Office ist die Flexibilität deutlich gestiegen. Nachteil: Interaktionsverluste hemmen das Teambuilding. Um den Themen „Selbststeuerung“ „Interaktion“ besondere Behandlung zu schenken, entschied sich das Forschungsteams für ein qualitatives Vorgehen.

Wie setzen sich die Ergebnisse zusammen?

In Kooperation mit 16 Master-Studierenden der Hochschule Hannover (HsH) wurden im Rahmen ihrer Master-Thesis 16 Wochen Untersuchungen dazu angestellt, inwiefern bei OTTO ein Zusammenhang zwischen Produktivität, Arbeitsort und Arbeitsweise zu erkennen ist. Über einen Zeitraum von vier Wochen führten die Student*innen zuvor ausgearbeitete Experimente mit den Entwickler*innenteams aus dem E-Commerce-Bereich durch Ziel war es herauszufinden, inwieweit sich deren Arbeitsweise im Mobile Office verändert hat. Die Ergebnisse waren auch Inputgeber für die Entwicklung des zukunftsweisenden hybriden Arbeitsmodells, also die sinnhafte Mischung aus Präsenz- und Remote-Arbeit) bei OTTO abgeleitet werden.

Lukas Linke Das Arbeiten im Pair funktioniert remote nach ersten Anlaufschwierigkeiten mittlerweile richtig gut. Durch den Einsatz geeigneter Software ist eine parallele Bearbeitung ohne Probleme möglich

Lukas Linke , Quality Specialist

Ergebnisse zum Thema „Selbststeuerung“

Die Flexibilität durch das Arbeiten im Mobile Office ist bei den betrachteten Teams nochmal deutlich gestiegen, obwohl Flexibilität bei OTTO schon seit Jahren auch in Präsenz durch Gleitzeit und tätigkeitsbezogenes Arbeiten bereits seit Jahren etabliert war. Eine Ableitung daraus: in Zukunft soll es den Mitarbeitenden noch mehr selbst überlassen werden, wann, wo und wie sie ihrer Tätigkeit nachgehen. Im hybriden Arbeitsmodell liegen die Terminkoordinierung und Verantwortung somit zukünftig in den Händen der einzelnen Teams. Wie empfinden die Entwickler*innenteams in der IT die die mobile Arbeit im Hinblick auf die Selbststeuerung?

Antwort: Teilweise ist mobiles Arbeiten sogar für bestimmte Tätigkeiten von Vorteil. In der Softwareentwicklung bei OTTO wird beim Programmieren meist im sogenannten „Pair“ gearbeitet. Hierbei ist eine ruhige Arbeitsumgebung, um die Konzentration durchgängig aufrecht zu erhalten, essenziell für den Erfolg der Arbeit. Und das funktioniert remote sehr gut: „Das Arbeiten im Pair funktioniert remote nach ersten Anlaufschwierigkeiten mittlerweile richtig gut. Durch den Einsatz geeigneter Software ist eine parallele Bearbeitung ohne Probleme möglich, Änderungen der Kolleg*innen live sichtbar und für alle nachvollziehbar“ sagt Lukas Linke, Quality Specialist bei OTTO. Er hat das Forschungsprojekt für OTTO initiiert und während des gesamten Verlaufs mit einem kleinen Team gesteuert.

Remote Arbeit zeigt Vorteile

Auch in Zusammenarbeit mit Teams aus anderen Bereichen sind in Zeiten von remote Arbeit deutliche Vorteile spürbar, so Lukas: „Die Kommunikation mit den verschiedenen Teams funktioniert besser und schneller, da diese remote besser greifbar sind. Die Hemmschwelle, jemanden anzurufen oder eine kurze Nachricht zu schicken, anstatt diese*n auf der Fläche aufzusuchen, ist deutlich geringer. Spannend wird es zu beobachten, ob dieser Vorteil weiterhin erhalten bleibt, wenn wieder mehr Zeit auf dem Campus verbracht wird“.

Die Ergebnisse zeigen auch, dass viele Mitarbeiter*innen sich vermehrt „Termin-Blocker“ einstellen – und diese dann auch einhalten – um wichtiger Arbeit ungestört nachzugehen.
Doch die Arbeit von zu Hause hat auch Schattenseiten: Bei aller Selbstständigkeit funktioniert mobiles Arbeiten nicht immer einwandfrei: „Herausfordernd ist vor allem, Kolleg*innen nicht mal eben über die Schulter schauen zu können. Das ist in Zeiten von Mobile Office sicherlich ein Stück weit schwieriger. Denn Unterstützung muss deutlich expliziter eingefordert werden, ich kann die Tastatur nicht einfach rüberschieben.“

Ergebnisse zum Thema „Interaktion“

Ein ebenfalls unvermeidbares Problem ist die Zunahme von Interaktionsverlusten. Der Wegfall des klassischen „Flurfunks“, spontanen Begegnungen im Gang und Gesprächen in der Kaffeeküche. Auch die Bereitschaft, in Remote-Zeiten über einen privaten Videocall-Themen zu besprechen, ist insgesamt gesunken. Kurz gesagt: der persönliche Austausch leidet. „Die ungeplanten Treffen in Küche oder Flur sind definitiv etwas, was uns fehlt. Oftmals bekomme ich einen unverhofften Rat, eine wegweisende Information oder auch einfach nur eine Portion gute Laune“, so Lukas.

Die ungeplanten Treffen in Küche oder Flur sind definitiv etwas, was uns fehlt

Lukas Linke

Eine zunehmende Herausforderung sehen vor allem Führungskräfte darin, den Team-Spirit aufrechterhalten und stärken zu können. Die Mitarbeitenden durch den Bildschirm zu motivieren, die tatsächliche Körpersprache zu lesen und das Teamgefüge zusammenzuhalten stellt eine wachsende Hürde dar. Mit dem hybriden Arbeitsmodell kann dieser Interaktionsverlust, der durch eine reine Remote-Tätigkeit entsteht, wieder aufgelöst werden.
Fazit

Klar wird, die meisten Ergebnisse überraschen nicht. Allerdings erkennen die Tech-Teams durch solche Forschungsprojekte, wie sie in Zukunft noch effektiver und effizienter zusammenarbeiten können. Und das anhand von wissenschaftlichen Ergebnissen – anstatt sich nur auf das Gefühl zu verlassen. Dieses Projekt konnte in den teilnehmenden Teams neue Impulse setzen und liefert zudem weiteres Futter für die Organisationsentwicklung und die Gestaltung des hybriden Arbeitsmodells bei OTTO.

Und noch sind auch nicht alle Fragen in diesem Kontext beantwortet: Brauchen wir durch das Team definierte Leistungskriterien, oder wäre das nur zusätzlicher Overhead? Verschwenden wir Potentiale oder verschlechtern wir uns sogar über die Zeit im Hinblick auf die Produktivität? Welchen Einfluss hat die psychische und physische Gesundheit und wie kann diese gefördert werden? An diesen und vielen weiteren Fragen möchte Lukas Linke gerne weiter forschen.

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