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Lisa Franke trägt eine helle Bluse, lächelt in die Kamera
Technologie

Tech & Fashion: Was kann OTTOs Circular Collection, Lisa?

circularity.ID®, NFC-Tags, QR-Codes und RFID-Fäden – die Zukunft unserer Textilindustrie? Lisa Franke erklärt es im Interview

Lesedauer: 4 Minuten
Lisa Franke hat sich als Sustainable-Managerin das Thema Kreislaufwirtschaft auf die Fahne geschrieben und verantwortet die erste zirkuläre Kollektion von OTTO. Das Ziel: Textilmüll reduzieren, indem alle genutzten Materialien wiederverwendet werden können. Aber wie funktioniert das und welche Technologie steckt dahinter? Das verrät uns Lisa im Interview

Moin Lisa, für jemanden, der oder die unsere Circular Collection noch nicht kennt: Worum genau handelt es sich und worin unterscheidet sie sich zu anderen Kollektionen?

LISA FRANKE: Das Thema Kreislaufwirtschaft als neues Wirtschaftssystem ist noch nicht so sehr verbreitet, daher erkläre ich es immer gerne an unserem heutigen linearen Wirtschaftsmodell, in dem Rohstoffe entnommen, Produkte hergestellt und im Anschluss verkauft und genutzt werden. Nach einer gewissen Zeit gehen diese kaputt und landen im Abfall. Anders ist es in der Kreislaufwirtschaft: Hier gibt fast keinen Abfall, da alle Produkte, die nicht mehr genutzt werden können, als neue Ressourcen in den Kreislauf zurückgehen. Und so kann man es auch auf die Textilindustrie übertragen: Um zu vermeiden, dass Textilien in Müllverbrennungsanlagen landen und die ursprünglichen Rohstoffe dabei verloren gehen, haben wir die Circular Collection kreiert, in der die Informationen zu den Materialien in der Kleidung selbst stecken – in Form eines digitalen Produktpasses, der circularity.ID®.


Digitale Informationen im Produkt? Das wird im ersten Moment wohl eher nicht mit Kleidung in Verbindung gebracht. Was steckt hinter dem sogenannten Produktpass?

Hinter dem Begriff des digitalen Produktpasses verbirgt sich die sogenannte circularity.ID®, was wiederum ein geschützter Markenname unseres Partners circular.fashion ist. Die ID befindet sich in allen Produkten unserer Circular Collection und enthält Daten über das Produkt selbst. Das sind neben Produktbildern auch Pflegehinweise oder Informationen zu den einzelnen Materialien und deren Herkunft, alles übersichtlich auf einer digitalen Produktseite zusammengefasst. Quasi wie eine Produktanleitung, nur eben digital, aufschlussreicher und nicht entfernbar, da die ID in die Produkte eingenäht ist. Somit bleibt die Information immer im Produkt selbst, sodass diese nicht nur von den Konsument*innen eingesehen werden können, sondern auch von den Mitarbeiter*innen in den Sortierbetrieben. Dort wird anhand der ID das zirkuläre Produkt erkannt und abgelesen, wie die Textilien richtig weiterverwertet werden können. Falls ein Artikel nicht mehr tragbar ist, weil er beispielsweise kaputt ist, kann der Sortierer direkt sehen, wer den Artikel hochwertig recyceln kann, sodass daraus wieder ein neues Produkt werden kann.

Wie wird die circularity.ID® in den Produkten ausgelesen?

Wir nutzen hierbei zwei unterschiedliche Technologien. Zum einen den NFC-Tag, den unsere Kund*innen auch selbst mit ihrem Smartphone via App auslesen und somit die hinterlegten Produktinformationen einsehen können. Zum anderen nutzen wir RFID-Fäden, die allerdings nicht per Smartphone ausgelesen werden können. Bei diesen Produkten haben wir noch einen QR-Code im Pflegetikett ergänzt, mit dem dann auch die Konsument*innen durch Abscannen zu der Produktseite gelangen.
Hier sind dann neben den Daten zum Produkt auch die Informationen zum richtigen Rückgabekanal enthalten, damit die Textilien am Ende auch wirklich in den Sortierbetrieben landen, die eine solche Erkennung heute schon integriert haben. Dank dieser Technologien können also die Kreisläufe geschlossen werden, da sowohl die Kund*innen als auch die Sortierbetriebe die nötigen Informationen einsehen können.

Wird unsere Kleidung jetzt also zur technologischen Wissenschaft?

Unsere Produkte der Circular Collection sind und bleiben Textilien und das ist auch der Grund, warum unsere Kund*innen diese kaufen. Es geht nicht darum, ein neues „Gadget“ zu besitzen, sondern es geht um die Kleidung, sie zu tragen, sich an ihr zu erfreuen. Die Identifier und der Service dahinter sind für die Käufer*innen natürlich nützlich, sei es auch nur, um nach den Pflegehinweisen zu schauen – aber eben nicht notwendig. Für die Hersteller und später auch die Sortierbetriebe ist diese ID allerdings elementar, um den Rohstoff im Kreislauf zu halten.

Bei Chips und Tags denken viele gleich an Überwachung. Wie steht es denn um das Thema Datenschutz?

Ganz einfach: Es gibt kein GPS-Tracking, kein Empfangen oder Senden von Daten. Die Chips wissen nicht, wo ich mich befinde und enthalten auch keine personalisierten Daten von mir. An sich befindet sich wirklich nur eine Website hinter den Codes, die zwar Informationen zum Produkt enthält, die aber keine Daten versendet oder empfängt.

Noch eine abschließende Frage: Wie sieht die Zukunft der Mode aus? Für dich und für OTTO?

Spannende Frage! Ich glaube, die Zukunft der Mode wird auf jeden Fall zirkulär sein, was auch immer das letztendlich bedeutet. Für OTTO heißt das, dass wir auf das Design unserer Textilien achten müssen, dass wir das schon Gelernte vertiefen und ausbauen müssen. Es benötigt eine gewisse Standardisierung, denn der Prozess der ersten zirkulären Kollektion war sehr aufwendig. Natürlich müssen auch Lieferanten mitgenommen werden, denn eine solche Umstellung bringt auch neue, spezifischere Anforderungen mit sich. Beim Thema Alttextilien und Kreislaufwirtschaft ist noch zu sagen, dass letztendlich die erste Priorität immer der „Reuse“ -Gedanke bleiben sollte, sprich die Wiederverwendung und erst im letzten Schritt das Recycling – aber beides muss möglich sein und beides muss aufeinander aufbauen.

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