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Studienplatzabbau in der Informatik: Folgen für die Hamburger Wirtschaft
Technologie

Studienplatzabbau in der Informatik: Folgen für die Hamburger Wirtschaft

CIO Dr. Michael Müller-Wünsch (MüWü) im Interview über die jüngsten Entscheidungen der Wissenschaftsbehörde

Autorin Eugenia Mönning Lesedauer: 3 Minuten
Die Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, welche enorme Bedeutung Digitalisierung und der Erwerb technischer Fähigkeiten haben. Doch nun sind Studierende, Professor*innen und Unternehmen entsetzt: Das Ausbaubauprogramm der Informatik (ahoi.digital) soll aufgekündigt worden sein. Konkret würde das bedeuten: Nicht nur der Ausbau der Informatik wäre dadurch gestoppt – langfristig fiele auch ein Viertel der Ausbildungskapazität weg

Während die Grundfinanzierung für viele Studiengänge bis 2027 gesichert und erhöht wurde, könnte der Informatikstudiengang in die Röhre schauen. Wir haben bei unserem CIO Dr. Michael Müller-Wünsch (MüWü) nachgefragt, welche Folgen diese Entwicklung für die Wirtschaft hat.

MüWü, aus Sicht eines Technologie-Vorstands, was bedeutet diese Entscheidung für Hamburger Unternehmen?

DR. MICHAEL MÜLLER-WÜNSCH: Das ist eine wirklich beunruhigende Situation, für Studierende und Unternehmen gleichermaßen. Denn durch den Wegfall von Informatikstudienplätzen wird riskiert, dass IT-Interessierte und High Potentials Hamburg fürs Studium verlassen – oder gar nicht erst hierherkommen. Dass das den IT-Fachkräftemangel in unserer Stadt, aber auch bundesweit, verstärkt ist klar.

CIO Dr. Michael Müller-Wünsch Ein Studienplatzabbau in der Informatik hätte dramatische Folgen für die Hamburger Wirtschaft. Wir sollten uns gemeinsam dafür einsetzen, keine IT-Talente zu verlieren

CIO Dr. Michael Müller-Wünsch

Schon lange heißt es: Hamburg soll zum Digital- und IT-Standort werden. Zahlreiche Initiativen – wie auch ahoi.digital – setzen sich für dieses Ziel ein. Was tragen Unternehmen dazu bei?

Zum einen steigen durch die globale Digitalisierung die Anforderungen an IT und Technologie mit entsprechenden Auswirkungen auf die Arbeitsplätze. Folglich legen wir bei unseren Mitarbeiter*innen großen Wert auf Aus- und Weiterbildung. 2018 startete die digitale Lerninitiative TechUcation in der Otto Group. Damit fördern wir das lebenslange Lernen, setzen thematisch immer wieder neue Impulse und bauen konzernweit profundes Digitalwissen auf. Zum anderen ist es wichtig, den Nachwuchs zu fördern. Wir kooperieren mit Hochschulen, um den Studierenden Einblicke ins Berufsleben zu ermöglichen, IT erlebbar zu machen und Talente zu fördern. Genauso setzen wir uns nachhaltig gemeinsam mit der Hacker School für die frühe Bildung von Kindern ein. Zusätzlich haben wir unser Ausbildungsangebot ausgebaut. Ab Sommer bieten wir eine studienintegrierende Ausbildung in Informatik an.

Wie sieht das konkret aus?

Vielen Schüler*innen ist nach ihrem Abschluss nicht klar, ob sie lieber eine Ausbildung oder ein Studium beginnen wollen. Wir gehen auf diese Unsicherheit ein und bieten ab dem Sommer eine studienintegrierende Ausbildung im Bereich Informatik an, um den für uns so wichtigen IT-Nachwuchs nicht zu verlieren. Deshalb kann ich die Entscheidung der Wissenschaftsbehörde und des Präsidiums der Uni HH absolut nicht nachvollziehen. Wir sind seit 2018 als Premiumförderer im Masterstudiengang (IT Management und Consulting) aktiv und haben auch auf die wachsende Relevanz der Uni Hamburg im Thema Informatik gesetzt. Und das aus guten Gründen: Unternehmen kämpfen dafür, High Potentials für sich zu gewinnen, für sie ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen und sie weiterzubilden. Dafür brauchen wir aber händeringend Hochschulen und Berufsschulen, die diesen Nachwuchs ausbilden. Beide Seiten müssen ihrer Verantwortung nachkommen. Und das im gesamtgesellschaftlichen Interesse.

Wie soll es jetzt weitergehen? Was ist dein Appell?

Ich würde mir wünschen, dass diese Entscheidung seitens der Politik nochmals überdacht wird. Während andere Bundesländer ihre Informatik-Studienplätze ausbauen, baut Hamburg ab? Das wäre eine traurige Entwicklung, die wir nicht einfach so hinnehmen sollten. Ich stehe mit vielen meiner CIO-Kolleg*innen im Austausch und wir alle sind uns einig: Lasst uns ins Gespräch gehen und eine adäquate, zukunftsorientierte Lösung finden. Denn die jetzige ist keine.

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