Naturgarten anlegen: Tipps für einen naturnahen Garten und Balkon
Naturgarten? Das klingt ein bisschen nach wild wucherndem Durcheinander. Tatsächlich sind in Form geschnittene Hecken und schnurgerade Beetreihen in einem naturnahen Garten selten – sehr zur Freude von Tieren, Insekten und Gartenbesitzern, die die Natur direkt vor ihrer Haustür entdecken möchten. Wir verraten dir, wie du deinen eigenen Naturgarten gestalten kannst.
1. Was ist ein Naturgarten?
Im besten Fall sieht ein naturnaher Garten aus, als hättest du überhaupt nicht Hand angelegt: Sträucher und Pflanzen wachsen üppig durcheinander, Insekten surren und Vögel zwitschern – eben genau wie in der freien Natur. Ganz zufällig ist ein Naturgarten aber meist nicht angelegt. Durch das gezielte Anpflanzen heimischer Blumen, Stauden und Hecken bietet der Garten Brutplätze und Nahrung für eine Vielzahl von Wildvögeln, Insekten und anderen Tieren. Pestizide und chemische Düngemittel sind tabu – und in der Regel auch gar nicht nötig: Denn wo sich Vögel, Würmer und Insekten wohlfühlen, haben die meisten Schädlinge keine Chance.
Typische Elemente eines Naturgartens
Wenn du einen Naturgarten anlegen möchtest, sind die Gartengröße, die Lage und die Bodenbeschaffenheit zweitrangig: Die typischen Elemente eines naturnahen Gartens passen sich allen Gegebenheiten an.
Wildsträucher: Wildsträucher sind Nistplatz, Schutzraum und Nahrungsquelle für viele heimische Vogel- und Insektenarten. Dicht gepflanzt, bieten sie auch Igeln und Mäusen Unterschlupf. Zudem sind heimische Sträucher sehr robust. Besonders schön sieht es aus, wenn du verschiedene Sträucher zu einer „wilden Hecke“ oder einem grünen Schichtschutz kombinierst.
Wildblumenwiese: Die einen nennen sie Wildblumen, die anderen „Unkraut“ – aber die vielfarbig blühenden Sommerblumen wie Kornblume, Scheinmohn, Akelei und Co. sehen nicht nur wunderschön aus, sie sind auch ein wahres Festmahl für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge. Einmal ausgesät, kommen die pflegeleichten Wildblumen jedes Jahr wieder – ganz ohne Dünger und andere Pflege.
Feuchtbiotope: Wasser bringt Abwechslung in deinen Naturgarten, in optischer Hinsicht, aber vor allem für Wildtiere und Insekten. Ein Gartenteich, ein Wasserspiel oder auch eine wassergefüllte Wanne, die du in den Boden eingräbst und mit Wasserpflanzen bepflanzt, ziehen Insekten an – und damit auch Frösche, Vögel und Libellen.
Trockenbiotope: Anstatt abgestorbene Bäume, Äste und geschnittene Zweige zu entsorgen, kannst du sie einfach in einem ruhigen Teil deines Gartens deponieren. Hier finden viele Insektenarten sowie Igel und Nager einen Unterschlupf. Gleiches gilt für Natursteinmauern oder -hügel: Wildbienen und Hummeln suchen sich hier ein Zuhause – und gleichzeitig bringt der Stein Abwechslung in deine Gartengestaltung.
Nistkästen für Vögel und Fledermäuse: Vor allem in kleinen Gärten, in denen wenig Platz für Bäume ist, kannst du zusätzlich Nistkästen für Vögel und Fledermäuse aufhängen. In „durchgestylten“ Gärten und in den Städten finden diese Tiere oft keine Brutplätze, um ihre Jungen aufzuziehen. Die Nistkästen gibt es im Bau- oder Gartenmarkt – übrigens ebenso wie Insektenhotels.
2. Vorteile eines naturnahen Gartens
Auch ein naturnaher Garten braucht anfangs ein wenig Planung. Aber ist er einmal angelegt, wächst bald alles wie von allein, und du wirst mit lebendigem Summen, Schwirren und Blühen belohnt: Auch die heimische Tier- und Pflanzenwelt profitiert vom Naturgarten.
Artenschutz und Artenvielfalt
Viele Gärten und Parkanlagen werden heute so gestaltet, dass sie vor allem optisch ansprechend sind. Immergrüne Heckenpflanzen wie Buchsbaum oder Kirschlorbeer zum Beispiel sind beim Menschen beliebt, heimische Vögel und Insekten können mit ihnen allerdings nichts anfangen. In einem Naturgarten sind heimische Pflanzen versammelt, die einfach wachsen dürfen, Wildblumenwiesen, die nicht gemäht werden, und Grünschnitt oder Totholz, das sich selbst überlassen bleibt. So bekommen bedrohte Wildtiere und Insekten den dringend benötigten Lebensraum – und das wiederum erhält heimische Pflanzenarten, zum Beispiel mit der Bestäubung durch Hummeln und Wildbienen.
Weniger Aufwand bei der Gartenarbeit
Grundsätzlich ist im Naturgarten ein bisschen Laissez-Faire angesagt: Rasenflächen dürfen auch mal ein bisschen länger sein oder sie wachsen sich nach und nach zur Wildblumenwiese zurecht. Hecken werden nicht in Form geschnitten, sondern nur einmal im Jahr gestutzt. Und auch in Sachen Schädlingsbekämpfung hast du normalerweise wenig Arbeit: Das erledigen Vögel, Marienkäfer, Schlupfwespen und andere Nützlinge für dich. Zudem sind heimische Pflanzen ohnehin weniger anfällig für Frost und Schädlingsbefall. Ist dein Naturgarten angelegt, kannst du dich in aller Ruhe zurücklegen und die Natur um dich herum genießen.
Viel zu entdecken
Je mehr Tier- und Insektenarten, desto lebhafter geht es im Garten zu. Vielleicht brütet ein Amselpärchen in der Hecke? Oder du kannst einen Igel beobachten, wie er Abend für Abend in der Dämmerung auf Futtersuche geht? Auch Schmetterlinge und die sprichwörtlichen fleißigen Bienen sind wunderschön zu beobachten – jede Menge Gründe, deinen eigenen Naturgarten zu gestalten.
3. Liste heimischer Pflanzen für den Naturgarten
Blumen
- Margeriten: Bienen, Hummeln und andere Insekten lieben die gelb-weißen Blüten dieser Sommerblume, die sich selbst aussät und fast überall gedeiht.
- Bartnelken: An einem sonnigen Standort mit lockerem Boden zeigt diese typische Bauerngartenblumen eine Vielzahl von Blüten in Rot, Lila und Weiß.
- Ringelblumen: Die rot und gelb blühende Heilpflanze ist eine der ältesten bekannten Gartenpflanzen. Sie liebt sandige und lehmige Böden.
- Kapuzinerkresse: Die pflegeleichte Pflanze mit den essbaren, leuchtend roten und gelben Blüten mag es sonnig. In einem nährstoffarmen Boden bildet sie die meisten Blüten aus.
- Akelei: Die zarte, blau-lila blühende Pflanze sät sich selbst aus und wächst besonders üppig auf nährstoffreichen, lockeren Böden.
Obst und Gemüse
- Apfel, Birne, Kirsche: Wenn du die Obstbäume jung anpflanzt, brauchst du schon ein paar Jahre Geduld – und Vögel und Insekten ebenfalls. Aber dann bieten die Äste Schatten, reichlich Nahrung für Wildtiere – und köstliche Früchte für dich.
- Walnussbaum: Walnussbäume wachsen hoch und sehr ausladend – das solltest du bedenken, wenn du einen solchen Baum in deinem Naturgarten neu anpflanzt. Krähen, Eichhörnchen und andere Nager lieben die Nüsse, und auch Insekten fühlen sich in den mächtigen Ästen wohl.
- Johannisbeeren: An einem sonnigen, nährstoffreichen Standort wachsen Johannisbeeren so üppig, dass sie durchaus eine Hecke ersetzen können. Die dichten Sträucher ziehen Insekten an.
- Brombeeren: Brombeeren wachsen überall wild am Wegesrand – und auch in deinem Naturgarten bieten sie Nahrung und Unterschlupf für Vögel und Insekten. Allerdings solltest du sie regelmäßig stutzen, damit sie nicht den gesamten Garten einnehmen.
- Gartenkräuter wie Borretsch, Dill, Rauke, Bärlauch: Heimische Gartenkräuter sind dekorative Bodendecker, die es halbschattig und nicht zu trocken mögen. Ihre Blüten bieten Nahrung für Insekten, die grünen Blätter bringen Abwechslung auf deinen Esstisch.
4. Liste heimischer Sträucher und Heckenpflanzen
- Holunder: Holunder gedeiht auch im Halbschatten gut und in unmittelbarer Nähe zu Bäumen und Sträuchern. Sowohl die weißen Blüten als auch die schwarzen Beeren bieten Nahrung für Vögel, Bienen und andere Insekten.
- Hainbuche: Obwohl sie Sonne bevorzugt, kannst du die Hainbuche problemlos auch an schattigen Standorten pflanzen. Als Heckenpflanze bietet sie Unterschlupf für viele Vogelarten.
- Hasel: Der Haselstrauch ist sehr anpassungsfähig und wächst ebenso schnell wie die Buche – ideal für deine Wildhecke. Eichhörnchen und Mäuse lieben seine Haselnüsse, Vögel und Insekten die Blütenstände.
- Weißdorn: Der Weißdorn zeigt seine üppigen weißen Blüten zwar nur wenige Wochen im Frühjahr, dafür ist der Strauch pflegeleicht und eine gute Nahrungsquelle für Wildtiere. Beim jährlichen Stutzen solltest du Handschuhe tragen – der Weißdorn trägt seinen Namen zu Recht.
- Wildrosen (Hagebutten): Mit ihren weißen und rosa Blüten sehen die robusten Wildrosen wunderschön aus. In deinem Naturgarten solltest du Sorten mit ungefüllten Blüten pflanzen, denn nur diese bieten Bienen und Hummeln Nahrung. Die roten Hagebutten bieten Vögeln auch im Winter Nahrung.
- Eberesche: Nicht ohne Grund wird dieser Strauch auch „Vogelbeere“ genannt: Fast alle heimischen Wildvögel fressen die roten Beeren. In der Wildhecke solltest du die Eberesche einmal im Jahr stark herunterschneiden, damit sie nicht zum Baum heranwächst.
5. Räume für Vögel und Insekten schaffen
Klar, einen Naturgarten gestaltet man nicht von heute auf morgen. Aber hat sich erst einmal alles zurechtgewachsen, dann reguliert sich dein Garten mehr oder weniger selbst, wie es in einem funktionierenden Ökosystem sein sollte. Damit das funktioniert, müssen aber nicht nur die richtigen Pflanzen vorhanden sein, der naturnahe Garten muss auch ausreichend Rückzugsorte für Insekten und Wildtiere bieten. In der Praxis lässt sich das meist nur teilweise umsetzen – schließlich möchtest du den Garten mit deiner Familie auch noch nutzen. Vor allem Kinder wünschen sich oft Rasenflächen zum Toben oder ein Klettergerüst im Garten. Ein paar Ecken des Gartens kannst du aber trotzdem für tierischen Besuch reservieren.
Ruhige Ecken für Vögel, Igel und Nager
Vögel sind nicht nur spannend zu beobachten, sie sind auch ständig in Bewegung und helfen so, Samen und Pollen von Pflanzen zu verbreiten. Um sie in deinem Naturgarten willkommen zu heißen, braucht es eigentlich nur ein paar dichte Sträucher oder Rankpflanzen wie Wein oder Efeu an der Fassade. Der Sandkasten oder die Kinderschaukel sollten nach Möglichkeit ein Stück entfernt auf dem Rasen stehen. Mit einer Vogeltränke, Futterampeln und Nistkästen fühlen sich Wildvögel noch wohler. Igel suchen sich im Sommer ihre Schlafplätze gern in Hecken oder unter Sträuchern. Im Winter verziehen sie sich unter Laubhaufen oder unter alten Zweigen: Am besten schichtest du schon in der warmen Jahreszeit Grünschnitt und tote Äste in einer abgelegenen Ecke auf.
Nahrung und Brutplätze für Insekten
Nicht nur Bienen und Hummeln tun deinem Naturgarten Gutes: Regenwürmer lockern den Boden auf und sind eine wichtige Futterquelle für heimische Vögel – im Komposthaufen und in laubbedecktem Boden fühlen sich die Würmer besonders wohl. Andere Insekten fressen Schädlinge, wie zum Beispiel der Marienkäfer, der Blattläuse liebt, oder Schlupfwespen, die sich unter anderem von Gelbfliegen ernähren. Ruhe und Abgeschiedenheit brauchen Insekten zum Glück nicht – es reicht völlig, wenn du ihnen einen Totholzstapel, ein paar aufgeschichtete Natursteine, einen Komposthaufen oder auch die schlichten Insektenhotels aus dem Gartenmarkt zur Verfügung stellst.
6. Do’s und Don’ts für den naturnahen Garten
Do:
- Komposthaufen anlegen: Das gibt nicht nur hervorragenden Gartendünger, sondern auch jede Menge Würmer und Insekten, die Vögel anziehen.
- Grünschnitt und totes Holz nicht entsorgen: Stapel mit Zweigen und Totholz bieten Insekten und Nagern ein Zuhause – und du hast weniger Arbeit mit der Entsorgung.
- „Unkraut“ lieben lernen: Schafgarbe, Giersch, Seifenkraut, Löwenzahn und andere unverwüstliche Pflanzen verdienen einen Platz in deinem Garten. Bienen und Hummeln freuen sich – und viele der Wildpflanzen schmecken als Tee oder im Salat.
- Wasser in den Garten holen: Nicht überall ist Platz für einen Teich – aber auch kleinere Mengen stehendes Wasser im Garten ziehen Mücken und andere Insekten an, die als Nahrung für Vögel und Fledermäuse dienen. Eine Vogeltränke sichert dir zumindest im Sommer gefiederten Besuch.
Don’t:
- Herbizide und Pestizide: Fast jeder Schädling dient als Nahrung für andere Insekten oder Vögel. Der Gebrauch von Pflanzen- und Insektengiften schadet daher nicht nur der Artenvielfalt, im Garten kann er auch eine Gefahr für Kinder und Haustiere sein.
- Kunstdünger: Chemische Dünger können – ebenso wie Pflanzengifte – Insekten und andere Nützlinge vertreiben, sodass Vögel weniger Nahrung finden. Kompost, Brennesseljauche & Co. sind hervorragende natürliche Düngemittel.
- Laub und Zweige entsorgen: Zwischen Sträuchern und Stauden solltest du heruntergefallendes Laub liegenlassen – es schützt den Boden im Winter und versorgt ihn mit Nährstoffen.