Angeblich gibt es wirklich Kinder, die denken, dass es lilafarbene Kühe gibt oder Hühner zu Ostern bunte Eier legen. Mir sind solche Kinder noch nicht begegnet, dennoch ist es eine große Herausforderung, einem Kind mitten in der Großstadt nahezubringen, woher unsere Nahrungsmittel kommen und was dahintersteckt. Wir ziehen ein paar Tomaten und Radieschen auf der Terrasse, aber so viel kann man daran nicht verdeutlichen. Für eine Kuh haben wir bei besten Willen keinen Platz.
In den Herbstferien war ich nun das dritte Mal mit meiner Tochter auf einem Bauernhof. Natürlich bio. Meiner Meinung nach ist biologische Landwirtschaft die einzige Landwirtschaftsform, die auf lange Sicht funktionieren kann.
Der Hutzelberghof in Hessen
Wir fahren immer zum Hutzelberghof. Das ist ein demeter Bauernhof in Hessen. Hier fahren normalerweise Schulklassen für eine Woche hin. In den Ferien kann man dort aber auch Familienferien machen. In dieser Woche durchlaufen die Kinder mit den Bauern all die Arbeitsabläufe, die auf einem Bauernhof erledigt werden müssen. Es geht morgens auf die Weide zum Melken und alle anderen Tiere müssen ebenfalls versorgt werden. Aber auch Gärtnerei, Käserei, Bäckerei und Handwerk haben großen Stellenwert. Das erfüllt schon mit Stolz, wenn man ein Glas warme Milch trinkt und die Kuh selbst gemolken hat. Oder gar Käse, den man selbst gemacht hat, auf das selbst gebackene Brot legen kann.
Was ist Agro-/Landtourismus?
Agrotourismus bezeichnet ein touristisches Angebot für Menschen, die ihren Urlaub im ländlichen Raum auf einem landwirtschaftlichen Betrieb verbringen möchten. Er ist auch unter dem Begriff Landtourismus bekannt. Vor allem Familien nutzen die vielfältigen Angebote, Ferien auf dem Bauernhof zu machen: Oft dürfen die Kinder Tiere streicheln und füttern oder auf hofeigenen Pferden reiten. Agrotourismus ist meist eine Mischung aus Aktivurlaub mit zum Beispiel Wandertouren in die nähere Region, Naturerlebnissen und Landwirtschaft. Inzwischen bieten nicht nur bäuerliche Betriebe, sondern auch Hotels agrotouristische Erlebnisse, die sich zum Teil mit dem Bereich Wellness überschneiden.
Die Landwirte erzielen aus der Vermietung von Zimmern und Ferienwohnungen ein zusätzliches Einkommen, die Feriengäste lernen den Alltag auf einem landwirtschaftlichen Betrieb kennen und konsumieren die Produkte des Hofes, etwa Milch, Eier, Käse oder Obst und Gemüse. Der Landtourismus ist in jedem europäischen Land anders organisiert. In Deutschland ist die Bundesarbeitsgemeinschaft für Urlaub auf dem Bauernhof und Landtourismus in Deutschland e. V. (BAG) die zentrale Interessenvertretung für Anbieter von Agrotourismus. Sie sichert auch die Qualität und vergibt Gütesiegel in sieben Kategorien. Angebote werden unter Namen wie „Urlaub auf dem Bauernhof“ vermarktet und sind über die zentrale Internet-Plattform „Landsichten“ buchbar. „Urlaub am Lande“, „Schlaf im Stroh“ oder „Roter Hahn“ sind Beispiele für Marken aus Österreich, der Schweiz und Italien. Kleinere Portale haben sich auf Urlaub auf Bio-Höfen spezialisiert und Verbände wie Demeter vermitteln Unterkünfte speziell bei ihrem Verband angeschlossenen Betrieben.
Grundregel: So viel wie nötig und so wenig wie möglich
Eiserne Regel auf dem Bauernhof: In allen Lebensmitteln steckt so viel Arbeit und Liebe – deshalb wird aufgegessen. Nimm dir nur so viel, wie du auch essen möchtest. Toll, wie die Kinder das annehmen, wenn sie selbst Hand anlegen müssen. Und auch die Erwachsenen. Ich bin glücklich, mit meinem selbstgeflochtenen Korb und meinem recht grobmotorisch geschmiedeten Messer. Da geht es auch mal ein paar Tage ohne Fernseher, WLAN und Superfoods.
Ich musste mich regelrecht wieder im Stadtleben zurechtfinden, als wir zurück in Berlin waren. Ich stand hier mit meinen Gummistiefeln und meiner mehr praktischen als schönen Hose wie ein Fremdkörper zwischen Latte Macchiato-Bar und Open-Air-Party. Eine Erfahrung, die ich nur empfehlen kann. Und zwar auch Menschen, die keine Kinder haben.
Bauernhöfe in anderen Regionen
Es gibt natürlich noch viele weitere Bauernhöfe, auf denen man seine Ferien verbringen kann. Persönliche Erfahrung habe ich nur mit dem Hutzelberghof gemacht – aber in allen anderen Regionen gibt es auch Bio-Höfe, die Ferien anbieten.
Ähnlich wirkt das Konzept der Animal Farm zwischen Bremen und Hamburg. Auch hier sind alle angehalten mitzuhelfen und das Landleben aus erster Hand mitzuerleben.
Etwas mehr Ferien und weniger mithelfen gibt es auf dem Michelshof in der Eifel, aber auch dort gibt es eine Menge Aktivitäten rund um den Bauernhof.
Der Bayrische Einödhof Schöll bietet verhältnismäßig luxuriös wirkende Zimmer, aber auch ein tolles Bauernhof-Programm. Auch Reiten ist hier möglich.
Der Bauern- und Ferienhof Hirsch im Allgäu bietet sogar vier Sterne – und sieht auch echt klasse aus. Hier kann man Traktor fahren und Trampolin hüpfen (und natürlich noch vieles mehr).
Übrigens: Insgesamt solltet ihr euch nicht von den Websites abschrecken lassen. Das sind Bauern und keine Marketing-Abteilungen. Hier ist die Zeit von Comic Sans und ClipArts noch lange nicht vorbei – dafür ist es auf den Höfen umso schöner.
Viele weitere Höfe lassen sich per Suchmaschine einfach finden. Habt ihr Empfehlungen? Dann freuen wir uns über einen Kommentar!
alle Kommentare anzeigen (2)
Der Landtourismus bringt ja echt schöne Eindrücke, danke! Pur Natur und örtliche Küche an den geselligen Abenden – was könnte besser sein? Für uns und unsere Kinder gibt es im Moment nichts Besseres, als uns jährlich mit Freunden in Kalkalpen zu treffen, danke für die Ideen zum Urlaub auf dem Bauernhof!
Meine Eltern sind letztes Jahr auf den Geschmack gekommen Ferien auf dem Bauernhof zu machen. Den zwei kleinen gefällt das auch sehr. Sie kommen immer zurück und erzählen von den ganzen Tieren, die sie gestreichelt haben. Ich muss sagen das trägt schon viel der Erholung bei. Danke für den super Blog!