Ohne Worte: Eine Woche im Schweigekloster

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Let­ztes Jahr habe ich mir einen Urlaub der beson­deren Art gegön­nt. Ich hat­te ger­ade meinen fes­ten Job gekündigt und war kurz davor, mich mit einem Buchver­trag und eini­gen Aufträ­gen in die Selb­st­ständigkeit zu stürzen. Aber zuvor wollte ich nur eins: Ruhe, Rück­zug und raus aus meinem All­t­ag. Schnell war klar, dass ich dafür für einige Tage in ein Schweigek­loster gehen wollte. Einige Fre­unde hat­ten mir schon davon erzählt und ich war jedes Mal sehr fasziniert gewe­sen. Genau die richtige Zeit, das selb­st auszuprobieren.

Schweigekloster

Nie wirklich still – dank zahlreicher Kommunikationskanäle

Gle­ich vor­weg: Ich rede gerne und ich rede gerne viel. Aber ich wohne allein und arbeite oft im Home Office – es kann also dur­chaus vorkom­men, dass ich mal ein oder zwei Tage lang mit nie­man­dem spreche. Der Großteil mein­er Kom­mu­nika­tion find­et schriftlich statt. Und da ich täglich auf so vie­len Kanälen mit zahlre­ichen Men­schen in Kon­takt bin, habe ich dabei nie das Gefühl, wirk­lich still zu sein.

Als ich recher­chierte, merk­te ich schnell, dass „Dig­i­tal Detox“ und „Silent Retreats“ inzwis­chen als reg­uläre Urlaube und Auszeit­en ange­boten wer­den. Offen­bar macht nicht nur mir die ständi­ge Erre­ich­barkeit und das „on“ sein zu schaf­fen. Kurz über­legte ich, ob sich der finanzielle Ruin für den Aufen­thalt in einem ital­ienis­chen Digital-Detox-Kloster der Luxu­sklasse lohnt, entsch­ied mich dann aber doch für eine sehr viel schlichtere und gün­stigere Alternative.

Schlicht und einfach: Mein Aufenthalt im Schweigekloster

An einem Mon­tag bezog ich nach­mit­tags mein Zim­mer im Kloster. Dort war alles sehr schlicht und ein­fach: Bett, Schreibtisch und Stuhl, Klei­der­schrank sowie ein Waschbeck­en – mein Reich für die kom­menden Tage. Lange hat­te ich über­legt, was ich mit­nehmen sollte und kam zu dem Schluss: Ich will mich auf mein Inneres konzen­tri­eren und mein Ausse­hen ist mir für die Zeit total egal. Mein Ziel war also, so viel Jog­ging­hose wie möglich, Brille statt Kon­tak­tlin­sen und kein Make-up. Der Com­put­er war zu Hause geblieben. Mein Tele­fon durfte zwar mit, aber lag aus­geschal­tet in der Schublade.

Früh­stück, Mit­tagessen, Kaf­fee und Kuchen sowie Aben­dessen gab es im Speis­esaal, zusam­men mit den anderen Gästen. Da das Kloster nur wenige Gästez­im­mer hat, war die Anzahl der Men­schen am Tisch dur­chaus über­schaubar. Bei den Mahlzeit­en wurde gesprochen und schnell habe ich gemerkt, dass jed­er die Regeln für die Zeit im Kloster selb­st fes­tlegt. Ein all­ge­meines Sprech- oder Tele­fon­ver­bot gab es nicht, zudem kon­nte jed­er dank Schlüs­sel kom­men und gehen, wann er wollte. Für mich aber waren meine Regeln, oder vielmehr meine Wün­sche, klar: keinen Kon­takt mit der Außen­welt, so viel Zeit wie möglich in Stille und Ruhe, Ruhe, Ruhe.

Ruhe, Ruhe, Ruhe

Für die Schwest­ern im Kloster wurde der Tag durch die Gottes­di­en­ste und Gebete bes­timmt, die dreimal am Tag stat­tfan­den. Als Gast stand es mir frei, daran teilzunehmen und am meis­ten habe ich mich wohl selb­st über­rascht, als ich mich eines Abends beim Gebet ein­fand. Darü­ber hin­aus gab es einen großen Med­i­ta­tion­sraum und eine Bib­lio­thek, die man jed­erzeit nutzen durfte – ich fühlte mich aber in meinem Zim­mer so wohl, dass ich mich nur sel­ten in den anderen Räu­men aufhielt.

Das Kloster selb­st hat­te lei­der keinen Garten, deshalb machte ich jeden Nach­mit­tag einen lan­gen Spazier­gang in einem weitläu­fi­gen Park in der Nähe. Das war auch die Zeit, in der mir am meis­ten auffiel, dass ich mich eigentlich ger­ade in ein­er ganz anderen Welt befand: So ganz ohne Musik in den Ohren zu spazieren oder an einem See zu sitzen und davon kein Foto zu machen, war ein wenig irri­tierend und gle­ichzeit­ig sehr schön.

Schweigekloster park

„Erken­nt­nis: Ich konzen­triere mich im All­t­ag auf alles und nichts.” 

Im Vor­feld hat­te ich stapel­weise Büch­er zum Mit­nehmen bere­it gelegt, am Ende fiel die Wahl nur auf zwei Mod­ezeitschriften, einen Roman, die Biografie ein­er Unternehmerin, sowie ein Buch, das mich meinen beru­flichen und per­sön­lichen Zie­len näher brin­gen sollte. Die Zeitschriften hat­te ich schnell von vorne bis hin­ten durch, auch den Roman hat­te ich an einem Tag ausgelesen.

Auch wenn ich es eigentlich immer geah­nt hat­te, wurde mir klar, dass mein All­t­ag von ständi­gen Ablenkun­gen geprägt ist. Blät­tere ich in ein­er Zeitschrift, bin ich gle­ichzeit­ig am Com­put­er und lese dort mehr über die erwäh­n­ten Men­schen oder Pro­duk­te. Habe ich ein Buch in der Hand, checke ich nach jed­er zweit­en Seite mein Smart­phone. Ich konzen­triere mich im All­t­ag auf alles und nichts. Ganz anders im Kloster: ich lasse mir jedes Wort des Romans auf der Zunge zerge­hen (passender­weise geht es im Buch um einen Koch und das Zubere­it­en von Essen).

Gras

© Jeshu John

Entspannung pur ohne Smartphone

Die Tage im Kloster vergin­gen wie im Flug und lang­weilig war es keine Sekunde. Einen so geregel­ten Tagesablauf habe ich son­st nie und ich mochte die Struk­tur, die durch die Essen­szeit­en vorgegeben war. Die anderen Gäste waren alle­samt nett und mir fiel auf: Wir sprachen nie darü­ber, was wir außer­halb des Klosters macht­en. Das ist sehr entspannend.

Genau­so entspan­nend ist es auch, nichts von außen mitzubekom­men. Manch­mal habe ich mein Tele­fon aus der Schublade geholt und es in der Hand gehal­ten – alte Gewohn­heit­en wird man so schnell wohl nicht los. Aus­geschal­tet blieb es aber die ganze Zeit. Über zwei Jahre bin ich Social-Media-Managerin ein­er großen Organ­i­sa­tion gewe­sen und hat­te mich so oft als Sklave dieser Kanäle gefühlt. Nun nicht online zu sein, fühlte sich an wie ein Befreiungsschlag.

Am drit­ten Tag holten mich eine ganze Menge Emo­tio­nen ein. In der Nacht zuvor hat­te ich selt­same Träume und den ganzen Tag hing ich in meinen Gedanken fest. Mir kamen Men­schen in den Sinn, an die ich schon seit Jahren nicht mehr gedacht hat­te. Sit­u­a­tio­nen, die ich längst vergessen geglaubt hat­te, waren präsen­ter denn je. Ich hat­te das Gefühl, ich würde ger­ade mein ganzes Leben aufar­beit­en. Mein Spazier­gang fiel deshalb beson­ders lang aus und abends war ich um einige Erken­nt­nisse reich­er, aber auch sehr müde.

Schweigekloster park

Zurück in die Realität

Kurz vor dem Ende mein­er Zeit im Kloster, ver­mis­chte sich die Freude auf meine bevorste­hende Zukun­ft mit der Frage, wie es wohl wird, wenn ich nach fünf Tagen in mein Leben zurück­kehre. Sehr gerne wäre ich noch länger geblieben, aber in dem Moment beruhigte mich das Wis­sen, dass ich jed­erzeit wiederkom­men kann. Am Fre­ita­gnach­mit­tag ver­ab­schiedete ich mich rasch und war mit einem Mal wieder mit­ten in der geschäfti­gen Welt. Mit dabei: Sehr viele neue Erken­nt­nisse über mich selb­st und das Wis­sen, dass es mir abso­lut nichts aus­macht, tage­lang zu schweigen. Und etwas habe ich wieder­ent­deckt: wie es sich anfühlt, wenn man sich nur auf eine Sache konzentriert.

„Was ich aus dem Schweigek­loster mitgenom­men habe: Manch­mal nicht erre­ich­bar sein.” 

Seit dieser Auszeit sind nun einige Monate ver­gan­gen, aber in meinem Leben übrig geblieben ist davon doch jede Menge. Immer öfter lasse ich mein Tele­fon aus. Manch­mal fällt mir das sehr leicht, manch­mal sehr schw­er. Aber gut tut es immer. Und ich habe mir einen Weck­er gekauft, damit ich mor­gens nichts als Erstes mein Tele­fon in die Hand nehme. Nach dem Auf­ste­hen medi­tiere ich meis­tens und lese noch ein wenig, bevor ich mich an den Schreibtisch set­ze. Ich bin immer noch erstaunt, wie viel mehr Ruhe und Entspan­nung das in mein Leben bringt.

Kür­zlich war ich an einem Fre­itag nach getan­er Arbeit wieder in dem Park, in dem ich damals im Win­ter immer nach­mit­tags unter­wegs war und habe Fotos für diesen Artikel gemacht. Dabei habe ich – mit einiger Ver­spä­tung – noch etwas für meinen All­t­ag mitgenom­men: regelmäßig in den Wald gehen und ein­fach nicht erre­ich­bar sein.

Wer nicht gle­ich den ganz großen Schritt wagen möchte und sein Smart­phone ein­fach abschal­tet, kann zum Beispiel mit diesen 6 Acht­samkeit­sübun­gen zu ein biss­chen Ruhe im tur­bu­len­ten All­t­ag finden.

 

Titel­bild © Jeshu John

Nachhaltige Fortbewegung: Das Fahrrad und seine Zukunft

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Für Menschen, die bewusst leben und sich nachhaltig fortbewegen wollen, ist es unverzichtbar: das Fahrrad. Längst ist das Fahrrad aber nicht mehr nur ein profanes Fortbewegungsmittel. Mit Mountainbikes in die Berge, mit dem Rennrad über die Landstraßen oder mit dem sportlich schicken Singlespeed durch den Großstadtdschungel – die Wahl des Fahrrades ist mittlerweile ein Statement zum eigenen und nachhaltigen Lifestyle. Das Fahrrad ist keine neumodische Erfindung, sondern bewegt die Menschen schon seit Jahrhunderten. Die besten historischen Modelle haben wir hier einmal für euch gesammelt: No. 1: Das Rinkowski-Liegerad Ab und zu sieht man sie: Sesselräder. Dieses lässige Modell sollte auch…

Hallo, ich bin Franziska und schreibe seit August 2010 auf meinem Blog „Veggie Love“ über veganes Leben von Kopf bis Fuß und auf dem Teller. Bei mir dreht sich alles...

Zum Autor

Carol
Montag, 16. Oktober 2017, 12:20 Uhr

Würde mich auch sehr dafür inter­essieren, welch­es Schweigek­loster besucht wurde.

Renate
Samstag, 13. August 2016, 22:32 Uhr

Hal­lo, finde deinen Bericht sehr inter­es­sant und würde gerne wis­sen in welchem Kloster du gewe­sen bist.
Her­zliche Grüße Renate