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Connected Commerce: "Wir schaffen einen Brückenschlag"
Kundenfokus

Connected Commerce: "Wir schaffen einen Brückenschlag"

Wie OTTO und ECE den Handel vernetzen

Autorin Annika Remberg
Seit dem 7. August zeigt OTTO im Onlineshop an, wenn ein gewünschter Artikel in einem nahegelegenen Geschäft, etwa in einem ECE Shopping-Center, vor Ort verfügbar ist. Weitere Services, die den Einzelhandel mit otto.de vernetzen, sind geplant. Möglich macht dies das gemeinsame Joint-Venture - die Stocksquare GmbH & Co. KG. Was bedeutet das für den Handel? Und was haben die Kund*innen davon? Ein Gespräch mit den Stocksquare-Geschäftsführern Sebastian Baumann und Alexander Will.

Sebastian, einmal vorweg zur Einordnung: Was macht ihr genau?

Sebastian Baumann: OTTO und die ECE vernetzen ihre Einkaufswelten für ein gemeinsames Connected-Commerce-Konzept und haben dafür mit der Stocksquare GmbH & Co. KG ein eigenes Joint Venture gründet, an dem beide Parteien jeweils 50 Prozent halten. Kund*innen können sich auf otto.de informieren, welche Artikel – außer bei OTTO – eventuell auch in einem ECE Shopping-Center in ihrer Nähe verfügbar sind. Angezeigt werden dabei auch der Preis im Laden sowie Adresse, Öffnungszeiten und Kontaktinformationen des jeweiligen Stores.

Was ist daran so besonders? Unternehmen wie IKEA, H&M oder auch Media Markt machen das schon seit Jahren.

Alexander Will: Unser Connected-Commerce-Ansatz ist ein gänzlich anderer. Wir verbinden hier keine eigenen Geschäfte mit einem eigenen Onlineshop – wir vernetzen die stationären Sortimente von Händlern und Marken, die Flächen in Shopping-Centern der ECE angemietet haben, mit der Shopping-Plattform otto.de.

Und trotzdem ist und bleibt es aus Kundensicht ja erst mal eine Verfügbarkeitsanzeige …

Alexander Will: Ja, allerdings ist diese Anzeige für uns auch nur ein allererster Schritt zu einem größeren Ziel. Mittelfristig wollen wir ein bundesweites, flächendeckendes Angebot realisieren, das auch die Reservierung („Click & Reserve“) und Bezahlung von stationären Artikeln („Click & Collect“) über otto.de ermöglicht. Sogar die taggleiche Lieferung dieser Artikel aus dem Geschäft heraus an eine Adresse im Umkreis ist geplant („Ship from Store“). Bis dahin ist es noch ein langer Weg, den wir zusammen mit den Handelspartnern gehen und gestalten müssen.

Von heute auf morgen ist das also nicht umsetzbar.

Sebastian Baumann: Nein, das ist es nicht. Deshalb werden wir die Services schrittweise starten und ausbauen. Auch, weil wir eben in hohem Maße auf die Zusammenarbeit mit den Händlern angewiesen sind. Je mehr Retailer mit uns kooperieren, desto schneller können wir skalieren – und desto eher haben Kund*innen die Chance, die neuen Services zu nutzen. Die bisherigen Gespräche, die wir mit Händlern führen, laufen übrigens erfreulich gut.

Wer kann überhaupt Partner werden? Auch Händler außerhalb der ECE?

Alexander Will: Technisch gesehen können und wollen wir auch mit lokalen Verfügbarkeiten von Händlern arbeiten, die nicht in einem ECE-Center liegen. Vorerst konzentrieren wir uns allerdings auf Handelspartner, die bereits mit der ECE kooperieren, auch weil wir glauben, dass wir mit der ECE als Partner einen schnellen, bundesweiten Ausbau am besten realisieren können. In den nächsten zwei Jahren wollen wir die Anzahl der Artikel mit lokalen Services verzehnfachen.

Sind die neuen Services aktuell schon bundesweit verfügbar?

Sebastian Baumann: Ja, von den meisten Pilotpartnern wie Brax, myToys, SportScheck und Ulla Popken spielen wir bereits zum Start die Verfügbarkeiten der kompletten nationalen Filialnetze aus. Das betrifft auch alle rund 90 ECE Center in Deutschland, die übrigens von 60 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 30 PKW-Fahrminuten erreicht werden können. Es geht aber auch deutlich darüber hinaus. So sind von Ulla Popken beispielsweise über 200 Stores über Stocksquare an otto.de angeschlossen – da kann man durchaus von einem bundesweiten Angebot sprechen.

OTTO und die ECE eint die gemeinsame Zugehörigkeit zur Familie Otto. Aber erst jetzt, nach vielen Jahrzehnten, vernetzen beide ihre Tätigkeiten. Warum so spät?

Sebastian Baumann: Für eine werthaltige Zusammenarbeit fehlte uns lange die technische Basis. Die Verbindung stationärer Angebote von Händlern in unseren ECE-Centern mit otto.de setzt voraus, dass die Produktdaten der Händler digital verfügbar und aufbereitet sind. Als wir unser Digital-Mall-Projekt gestartet haben, war dies für viele Händler noch Neuland. Wir haben da echte Pionierarbeit geleistet. Mittlerweile können viele die Voraussetzungen erfüllen, insofern liegen wir zeitlich gesehen genau richtig. Die Digital Mall, mit der wir bereits seit einiger Zeit die lokalen Produktverfügbarkeiten aus den Websites und Apps der Center anzeigen, ist übrigens die technische Grundlage für unser jetziges Projekt.

Was versprecht ihr euch von der Zusammenarbeit?

Alexander Will: Für uns bei OTTO ist das die vielleicht einmalige Chance, den Plattformgedanken um eine weitere Dimension zu erweitern – nämlich um Produkte und Marken aus dem stationären Handel. Wir möchten unsere Kund*innen künftig an möglichst vielen Kontaktpunkten erreichen, offline wie online. Das gelingt uns durch die Partnerschaft mit ECE: Durch eine Vernetzung mit dem Stationärhandel schaffen wir einen Brückenschlag zwischen den Einkaufswelten.

Sebastian Baumann: Wir erhöhen durch die Verknüpfung mit otto.de die Reichweite für die Produkte in den stationären Geschäften unserer Handelspartner. So gesehen wandeln wir also Online-Traffic in reale Frequenzen in den Centern um. Ziel der ECE ist es, mithilfe der Kooperation die stationären Händler in den Centern sowie die Umsätze vor Ort langfristig zu stärken. Dafür ist ein Online-Offline-Bridging, wie wir es jetzt umsetzen, ein wichtiger Schlüssel – wenn nicht sogar der wichtigste.

Wie Connected Commerce das Einkaufen verändern kann, erzählt Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh), in einem Gastkommentar.

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